Die Mitglieder des Rates für Nachhaltige Entwicklung (RNE) haben mit den Staatssekretären aller Ressorts und Kanzleramtschef Peter Altmaier am 24. April 2017 bilanziert, wie Deutschland vorankommt in der Frage: Wie kann die Gesellschaft wirtschaften, ohne den Planeten zu zerstören und soziale Ungleichheit in Kauf zu nehmen? Maßstab sind die Ziele und Verfahren der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie, die erst im Januar dieses Jahres neu aufgelegt wurde.
RNE-Vorsitzende Marlehn Thieme lobte: „Wir sehen mehr Nachhaltigkeitsinitiativen in der Regierung als je zuvor.“ Zugleich ermutigte der Rat, noch mehr zu machen, präsentierte Ideen und Empfehlungen.
Erstens: Sustainable Finance
So plädierte der Nachhaltigkeitsrat für eine neue Initiative zum Finanzsystem: Deutschland soll einen Hub for Sustainable Finance anbieten. Schließlich komme dem Finanzsektor eine „strategische Rolle“ für die sozial-ökologische Transformation zu. Nur mit dem Reden über die Nachhaltigkeit von Produktion und Konsummustern im Sinne einer Green Economy sei es nicht getan, meinten die Ratsmitglieder. In der Runde der Staatssekretäre bekamen sie für die Idee eines Hubs Unterstützung.
Die Ratsmitglieder Alexander Bassen, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Hamburg, und Achim Steiner, Leiter des UN-Entwicklungsprogrammes (UNDP), haben zusammen mit RNE-Generalsekretär Professor Günther Bachmann den Hub for Sustainable Financing (H4SF) in Deutschland vor kurzem erstmals ins Gespräch gebracht. Dort könnten sich Unternehmen, Politik, Wissenschaft und Stakeholder zusammenfinden, um Standards zur Nachhaltigkeit des Finanzsektors zu entwickeln.
Die Ratsmitglieder Alexander Bassen, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Hamburg, und Achim Steiner, Leiter des UN-Entwicklungsprogrammes (UNDP), haben zusammen mit RNE-Generalsekretär Professor Günther Bachmann den Hub for Sustainable Financing (H4SF) in Deutschland vor kurzem erstmals ins Gespräch gebracht. Dort könnten sich Unternehmen, Politik, Wissenschaft und Stakeholder zusammenfinden, um Standards zur Nachhaltigkeit des Finanzsektors zu entwickeln.
Der Hub könnte etwa klären, wie soziale Belange bei Investments berücksichtigt werden oder welchen Richtlinien der Staat auch selbst folgen sollte, etwa wenn er in Pensionsfonds investiert oder die öffentliche Beschaffung „nachhaltig“ machen will. Der Hub for Sustainable Finance solle „Impuls und Wettbewerbsvorteil zugleich“ sein, erklärte Steiner.
Zweitens: Zielkonflikte entschärfen
Zielkonflikte, so erklärten Ratsmitglieder, müssten klarer benannt werden. Besonders nötig sei das etwa beim Thema Ernährung. Deutschland bekommt zum Beispiel seit langem die Belastungen des Grundwassers mit Nitrat durch die Landwirtschaft nicht in den Griff; Stickstoffdünger wird nach wie vor zur Ertragssteigerung eingesetzt, die Überschüsse belasten jedoch die Wasser- und Land-Ökosysteme. Mittlerweile drohen darum auch Strafgelder der EU.
Abhilfe versprechen sich die Ratsmitglieder von einer differenzierten Neubewertung der Schnittstelle von Ernährung, Gesundheit, Umweltschutz und Landbewirtschaftung. Konflikte zwischen jeweils berechtigten Zielen müssen besser gelöst, Maßnahmen besser abgestimmt werden. Beispielsweise würden zum einen Flächen zur Nahrungsmittelproduktion benötigt, zum anderen aber auch für Siedlungen etwa für den sozialen Wohnungsbau. Das Ziel, den Flächenverbrauch aus Gründen des Boden- und Umweltschutzes stärker als bisher zu mindern, werde damit nicht erreicht. Georg Schütte, Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung, erklärte, dass die Wissenschaft sich damit befasse und in Kürze eine Plattform von Wissenschaftlern und Praktikern ihre Arbeit aufnehmen soll.
Drittens: Internationale Dimension
Eine Politik der Nachhaltigkeit dürfe nicht an Ländergrenzen haltmachen, betonten die Ratsmitglieder. Es sei „eine Neuausrichtung der multilateralen Zusammenarbeit insgesamt notwendig“. Mit Blick auf den G20-Gipfel im Juli in Hamburg hat der Rat auch eine konkrete Empfehlung für eine neue Partnerschaft mit Afrika herausgegeben.
Darin heißt es: „Grundlegender Maßstab auch für die G20 sollte die Agenda 2063 der Afrikanischen Union sein, die einen Plan für die nächsten zehn Jahre vorlegt und Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Respektierung der Menschenrechte, wirtschaftliche Reformen und die verbesserte Wertschöpfung in ihren Mitgliedsländern voranbringen will.“ Es gehe darum, dass sich Afrika selbst ernähren könne, alle Zugang zu Energie bekämen, moderne Infrastruktur aufgebaut werde, und zwar immer auf nachhaltiger Basis. Darüber hinaus soll neben Investitionen zur Bekämpfung von Krankheiten und Pandemien für die medizinische Versorgung aller Sorge getragen und die Benachteiligung von Frauen und Mädchen abgebaut werden.
Freilich wird Deutschland dies nur im geringen Maße voranbringen können, wenn die Europäische Union nicht mitzieht. Dieser, so kritisierten die Ratsmitglieder, fehle das Nachhaltigkeitskalkül aber noch weitgehend. Sie begrüßten indes, dass die Bundesregierung in jedem Ressort Koordinatoren zur Nachhaltigkeit eingesetzt hat und den Dialog mit Stakeholdern intensivieren will.
In einem war sich die Runde im Kanzleramt besonders einig: Die Megatrends zur Digitalisierung und im Finanzsystem sollen näher unter die Lupe genommen werden, um mit dem Thema Nachhaltigkeit in der öffentlichen Debatte zu bestehen und die Gesellschaft insgesamt auf einen nachhaltigen Entwicklungspfad zu bringen.